Foto | Photo: Heiner Schultz
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Dieter Krieg

arme sau. Bilder

25.07.–04.10.2015

arme sau
 
Ein Zyklus aus sieben Großformaten. Jeder Buchstabe ein Bild. Im a findet sich die Andeutung eines Ringelschwänzchens, ins r ist ein Fleischerhaken gebohrt, die zwei Höcker des m hält eine Schleife zusammen. Vielleicht kann man noch Borsten erkennen, Talg und Wundflüssigkeit. Und im u schließlich versteckt sich ein menschlicher Oberkörper. Ob es für den noch Hoffnung gibt?
 
arme sau
 
Fleischfarbe, Fettfarbe, die Farbe frischen und geronnenen Blutes. Der Betrachter wird nicht geschont, sondern gestoßen, dorthin, wo er in die Abgründe des Tötens, Zerlegens, Zerschneidens blicken müsste. Er kann die Augen schließen, sich abwenden und weiter nichts wissen wollen. Dieter Krieg hat das Hinsehen schon übernommen. Er scheut sich nicht vor dem Schmerzhaften. Doch er klagt nicht an, er konstatiert. Er malt keine Betroffenheitsbilder, sondern sieben Buchstaben, lapidar, ungelenk, ins Monströse vergrößert. Sieben unappetitliche Riesenschinken sozusagen.
 
arme sau
 
Fressen und gefressen werden.
Geschundenes Tier und bedauernswerter Mensch.
 
Dieter Krieg (geboren 1937 in Lindau, verstorben 2005 in Quadrath-Ichendorf, Kreis Bergheim) gehörte zu den radikalsten Malern seiner Generation. Er mag nicht die breite Publikumswirksamkeit erreicht haben wie manch anderer, weil er sich nicht um die Gesetze und Moden des Kunstmarktes scherte. Doch genießt das Werk auch zehn Jahre nach dem Tod seines Schöpfers höchstes Ansehen, vielleicht sogar – erstaunlicherweise gerade unter Künstlerkollegen – Verehrung. Das könnte unter anderem daran liegen, dass Krieg 25 Jahre lang mit großem Erfolg an der Kunstakademie Düsseldorf gelehrt hat und diese Profession so ernst nahm wie seine eigene künstlerische Arbeit. Die war geprägt durch Eigenständigkeit, Eigensinnigkeit und nahm immer wieder überraschende Wendungen. Während Dieter Krieg in den 1960er Jahren zusammen mit Horst Antes und Walter Stöhrer die „Neue Figuration“ der alles beherrschenden Abstraktion entgegensetzte, zog er sich wenig später in eine strenge und reduzierte Bilderwelt zurück, um 1978 zur Gestaltung des deutschen Pavillons bei der Biennale Venedig mit revolutionär neuen Arbeiten aufzuwarten – gegen alle Erwartungen des Kurators Klaus Gallwitz und zum Erstaunen des Publikums. Von da an bestimmten Gegenstände seine Malerei: Eimer, Stöcke, Kreuze, Blumentöpfe, Vorhänge, Gläser, Spiegeleier. Salatköpfe, aber auch Hundeköpfe. Buchstaben und (oft verstümmelte) Schriftzüge. Die Formate wuchsen, die Acrylfarbe wurde manchmal eimerweise auf die Leinwand geklatscht, roh und brutal – eine Attitüde, die man in dem schmalen, zurückhaltenden, asketisch wirkenden Künstler niemals vermutet hätte.
 
Tatsächlich hat Dieter Krieg nicht aus dem Impetus selbstgewisser Kraftmeierei heraus gemalt. Seine Bilder erhalten ihre überwältigende Präsenz dadurch, dass man in jedem einzelnen das fast schon verzweifelte Unterfangen spürt, die Realität zu packen – und den handfesten Zweifel daran, dass das je gelingen könnte.